Sebastian Matthias
x / groove space
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Bewertung:
Sebastian Matthias ist Choreograf, Tanzwissenschaftler und Doktorand am Graduiertenkolleg "Versammlung und Teilhabe" der HafenCity Universität Hamburg - dort (und quasi auf dem Weg dorthin) beschäftigte/beschäftigt er sich mit "modularen Improvisationssystemen"... Sein groove space hatte er als Performanceserie vor drei Jahren kreiert, um so zu untersuchen, "worin dieser spezifische Rhythmus, die fühlbare kollektive Bewegung einer Stadt besteht". Worauf ein Tanzforscher so alles kommt?!
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"Im öffentlichen Raum sucht er nach den Spielräumen für Interaktion, die zusammen genommen das unsichtbare Netzwerk einer Metropole formen: die 'urbane Dauerchoreografie'. Bewegungsformen und Alltagspraktiken der Stadtbewohner überträgt Sebastian Matthias dann in eine künstlerische Performance. (...) Es bringt Publikum und Performer*innen als gleichberechtigte Akteure zusammen und ermöglicht eine geteilte Erfahrung der Bewegungsempfindung, die berührt, ohne zu nahe zu treten. Sebastian Matthias choreografiert Beziehungen – Blickwechsel, Annäherungen, Raumformationen – und damit kollektive Praxis, Zusammensein, Anwesenheit." (Quelle: tanzimaugust.de)
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x / groove space hätte nun "mit dem kulturellen Crossover und den Berührungspunkten städtischer Dynamiken von Bürger*innen in Düsseldorf und Tokyo" zu tun. Das musste man so im Detail nicht vorher wissen, um sich trotz des theoretisch-imposanten Überbaus auch in Berlin jetzt auf das Beste, auf das Leichteste und auf das Unterhaltsamste aufgehoben und zurechtgefunden gehabt zu haben:
Der ansonsten leer gefegte Hochzeitssaal von den Sophielsaelen hat drei schlauchschwänzige "Windmühlen" als installierte Ausstattung Yoko Seyamas; und man sieht und hört auch Lautsprecher und wird am Anfang und am Schluss dieser Performance mit viel Hacklicht drangsaliert - Atsuhiro Ito war/ist für diese Mischung zuständig.
Wir Publikum sind promenierend, also Laufvolk, und uns wird das freiheitliche Recht gegeben, den uns angebot'nen Raum in eigener Regie und Laune zu erkunden... Plötzlich tun sich spidermanartig bewegende Gestalten - Mitmenschen wie du & ich [sämtliche Namen s.u.] - quasi "aus uns raus" verselbständigen; und wir hatten sie dann eigentlich bisher noch nicht so recht "in uns" erkannt gehabt. Sie sind aufs Allerlieblichste sympathisch bis zum Gehtnichtmehr; und alles, was sie daher so um uns herum oder gelegentlich mit uns gemeinsam praktizieren, wird ganz widerspruchs- und auch distanzlos von uns akzeptiert. Wir können und wir wollen uns dem Großliebreiz ihrer vereinnahmenden Großversuchung einfach nicht entziehen!! (Der Matthias lacht sich unterdessen eins ins Fäustchen.)
Dicke, schwarze Plastesäcke werden hergeholt - in ihnen steckt geschreddertes Papier. Sie ahnen es natürlich längst: Dass es jetzt Weißes und in Hülle und in Fülle auf die schwarze Bühne schneit. / Doch damit nicht genug: Wir (nebst unseren mitmenschlichen Erzverführern) kehren dann das ganze Weißzeugs wieder hübsch zusammen und befördern es zurück ins schwarze Plastesackdasein. (Und wieder lacht sich der Matthias eins ins Fäustchen.)
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x / groove space | Foto (C) Florian Broca
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Draußen im Foyer zeigt Videokünstlerin Masaru Iwai nachgerade das Erlebte aus der Vogelperspektive ("heimlich" abgefilmt) - - zur freundlichen Erinnerung.
Erfrischend und erquickend.
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Andre Sokolowski - 13. August 2016 ID 9479
X / GROOVE SPACE (Sophiensaele, 13.08.2016)
Choreografie und Konzept: Sebastian Matthias
Co-Choreografie und Tanz: Jubal Battisti, Rachell Clark, Lisanne Goodhue, Deborah Hofstetter, Oskar Landström, Harumi Terayama und Idan Yoav
Bildende Kunst: Atsuhiro Ito (Live Performance, Soundinstallation), Masaru Iwai (Instruction Art, Videoinstallation) und Yoko Seyama (Kinetic sculpture, Costume)Lichtdesign: Andreas Harder
Dramaturgie: Nanako Nakajima
Beratung und Kommunikation: Akiko Okamoto
Produktionsdramaturgie: Mira Moschallski
Produktion Sebastian Matthias
Weitere Infos siehe auch: http://www.tanzimaugust.de
http://www.andre-sokolowski.de
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