Kalakuta Republik
Serge Aimé Coulibaly
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Bewertung:
Am Freitag wurde im HAU 1 die 29. Ausgabe von TANZ IM AUGUST eröffnet. Nach Reden von Gastgeberin Annemie Vanackere, Kultursenator Klaus Lederer und der Kuratorin Virve Sutinen, die den Jahrgang allgemein als einen sehr guten anpriesen, stand eine Aufführung des Tänzers und Choreografen Serge Aimé Coulibaly aus Burkina Faso auf dem Programm. Mit seiner Kalakuta Republik tourt er derzeit durch ganz Europa. Deutschlandpremiere hatte die Produktion bei der bei Africologne in Köln. Die nächste Station wird das Sommerfest auf Kampnagel in Hamburg sein.
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Coulibaly thematisiert in seinem Tanzstück den Zusammenhang von Kunst und Revolte am Beispiel des bekannten nigerianischen Afrobeat-Musikers Fela Kuti, der von den 1960er Jahren bis zu seinem AIDS-Tod 1997 als Künstler und politischer Aktivist tätig war. In seinen Texten kritisierte er vor allem die Militärregierung des Landes. Anfang der 1970er Jahren gründete er in Lagos die titelgebende Künstlerkommune Kalakuta Republik. Diese wurde 1977 bei einem Angriff nigerianischer Regierungstruppen zerstört. Fela Kuti ist nach wie vor eine Leuchtfigur im Kampf gegen afrikanische Diktatoren oder die Folgen der westlichen Kolonisation. Von Kritikern wird er aber auch als Demagoge und sexistischer Fundamentalist bezeichnet. Vor allem seine klare Ablehnung der Homosexualität und der AIDS-Prävention sind bekannt.
Diese Ambivalenz Kutis untersucht die Choreografie in zwei Teilen. Im ersten Teil, der mit „Without a Story we would go mad“ (Ohne eine Geschichte würden wir verrückt werden) überschrieben ist, zeigen die Tänzer in Gruppen- und Solopartien das Entstehen eines gemeinsamen Widerstands. Aber auch hier gibt es einen charismatischen Führer, der die einzelnen, farblich unterschiedenen Individuen um sich schart. Und immer mehr beginnen sie diesem zu huldigen. Die Choreografien sind dabei sehr körperlich, dynamisch und in ihrer Zeichenhaftigkeit nicht immer endschlüsselbar. Der treibende Beat der Funkmusik mit Saxofon-Einlagen trägt aber über die gut 40minütige, schweißtreibende Darbietung der 7 afrikanischen Tänzer und Tänzerinnen, zu denen der Choreograf selbst und auch die weiße, französische Tänzerin Marion Alzieu gehören. Als Requisiten dienen ihnen dabei einige Stühle eine Ledersitzecke und zwei große Videowände.
Der zweite Teil nach der Pause spielt in einem verrauchten Soul-Nachtclub, in dem die Stühle wild herumliegen, eine Frau auf einem Podest tanzt, betrunkene Gestalten umherirren und Männer die Frauen mit Gesten erniedrigen. So bläst einer der Tänzer einer Tänzerin, die am Mikrofon zu singen versucht, immer wieder Zigarettenqualm ins Gesicht und auf den Körper. „War is a purifiction rite“ (Krieg ist ein Reinigungs-Ritus) steht auf der Videowand oder auch „Dekadence can be an end in itself“ (Dekadenz kann Selbstzweck sein). Einer der Tänzer ruft: „Ich werde Präsident sein.“ Die Befreiung schlägt in ihr Gegenteil um, die Revolution frisst ihre Kinder. Der Widerstand erstickt in Ritualen der Körperlichkeit, der Dekadenz und des Machismo. In einer kleinen Parade mit wieder sehr symbolhaften Gesten verlässt die Truppe, die Tänzerinnen auf den Schultern der Tänzer, den Saal.
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Kalakuta Republik von Serge Aimé Coulibaly | Foto (C) Sophie Garcia
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Stefan Bock - 13. August 2017 ID 10189
KALAKUTA REPUBLIK (Hebbel am Ufer HAU1, 11.08.2017)
Konzept & Choreografie: Serge Aimé Coulibaly
Von und mit: Adonis Nebié, Marion Alzieu, Sayouba Sigué, Serge Aimé Coulibaly, Ahmed Soura, Antonia Naouele und Ida Faho
Musik: Yvan Talbot
Video: Eve Martin
Dramaturgie: Sara Vanderieck
Assistenz Choreografie: Sayouba Sigué
Bühne & Kostüm: Catherine Cosme
Licht: Hermann Coulibaly
Technische Leitung: Sam Serruys
Produktion: Faso Danse Théâtre & Halles de Schaerbeek
Produktionsleitung: Halles de Schaerbeek
Distribution: Frans Brood Productions
Gastspiel zu TANZ IM AUGUST
Weitere Infos siehe auch: http://www.tanzimaugust.de
Post an Stefan Bock
blog.theater-nachtgedanken.de
TANZ IM AUGUST
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