Ruckeln und
Zuckeln
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The Dancer of the Future | Foto (C) Mirjam Sögner
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Bewertung:
The Dance(r) of the Future - worauf ganz erklärter Maßen Mirjam Sögners gleichlautendes Stück, was gestern Abend in dem ausverkauften Hochzeitssaal von den Sophiensaelen anlässlich der diesjährigen Tanztage Berlin Premiere hatte, fußt - ist eigentlich der Titel eines Manifestes, das der feministisch-aufmüpfigen Tanzikone Isadora Duncan (1877-1927) dermaleinst aus ihrer Feder glitt. Ihre Kritik richtete sich in dem besagten Text "nicht allein gegen das Ballett, sondern auch gegen die Zivilisation an sich: Der moderne Mensch werde seiner eigentlichen Natur entfremdet. Mit ihrem Tanz suchte Duncan zu einem unverfälschten Dasein zurückzukehren" - lese ich da auf Wikipedia nach.
Das sind schon große Worte mit nicht minder großen Allgemeinplätzen; und ganz so allgemeinplätzig und großwortig wollte dann das Performer-Duo - Gerard Reyes war sonach das zweite Glied im Bund - gewiss nicht zu mir Zuschauendem als wie Zuhörendem rüberkommen; dennoch hatte es mich irgendwie interessiert, was nun ihr eig'nes Arbeitsresultat mit Obigem [in puncto Isadora Duncan] folgenschwer zu tun gehabt hätte - ich kriegte es beim besten Willen nicht heraus...
Es hieß zwar: "Isadora Duncans Schwarzweiß-Fotografien bilden den Ausgangspunkt dieser Arbeit von Mirjam Sögner. Anstatt den 'natürlichen' Bewegungsfluss der Bilder zu rekonstruieren, werden die einzelnen Fragmente auf ihr queeres Potential hin untersucht, 'weiblicher' Körpergebrauch wird von Geschlecht entkoppelt. Erschüttert von massiven Techno-Beats, verwandeln sich die Posen Duncans in Voguing-Moves." (Quelle: sophiensaele.com)
Mag sein - doch mit Verlaub: Was heißt "Voguing-Moves"?
Fragen über Fragen.
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Nun, die Beiden (Sögner/Reyes) fallen ganz am Anfang erst mal mit der Tür ins Haus - da liegen sie paar Langsekunden so herum.
Dann sieht man sie - durch klangkulissige Musik von Barney Khan gebettet und "davongetragen" - in mehr zeitlupigen Posen wie als schwebten sie auf Wolken so daher; die schöne Bildcollage [s. Foto o. re.] zeigt das ganz gut.
Mit ruckelnden und zuckelnden Bewegungen vermitteln sie sogleich den Eindruck, dass sie sich zu Gliederpuppen hermutiert hätten, und ihre körperlichen Gesten als wie starren aber mannigfach gestalteten Gesichtsausdrücke lassen jetzt auf eine Art olympiahafte Spielpuppenmechanik schließen (zur Erinnerung: Olympia ist der merkwürdige Frauenautomat aus Les Contes d’Hoffmann von Jacques Offenbach).
Immer mehr gerät die Mimik des Performer-Paares peu à peu ins Spiel - das sieht schon putzig und auch lustig aus wie sie sich da, als würden lauter Stills (Foto-Momentaufnahmen aus dem Urlaub oder so) per Filmchen abgespult werden, vor mir jeweils platzieren.
Und am Schluss - als arg-abrupter Schnitt - greift Mirjam schnell zu 'nem bereitliegenden Mikrofon, mit dem sie sich unter das Publikum begibt; von dort her (1. Reihe, Mittelplatz) erteilt sie dem Gerard, der aktuell zu einem Kandidaten-Vortänzer bei 'nem fiktiven Casting umverwandelt ist, tanzpädagogisch-wissentliche Ratschläge und Tipps und Weisungen.
Ja und dann endet die Performance, völlig unverbindich.
Gar nicht mal so schlecht choreografiert.
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The Dancer of the Future von Mirjam Sögner | Foto (C) Marin Schwarz
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Andre Sokolowski - 13. Januar 2016 ID 9071
THE DANCER OF THE FUTURE (Hochzeitssaal, 12.01.2016)
Konzept und Choreografie: Mirjam Sögner
Performance: Mirjam Sögner und Gerard Reyes
Musik: Barney Khan
Lichtdesign: Sandra Blatterer
Dramaturgische Begleitung: Maja Zimmermann
Premiere in den Sophiensaelen Berlin war am 12. Januar 2016
Weiterer Termine: 13. 1. 2016
Mit freundlicher Unterstützung von Tanzfabrik Berlin und Theaterhaus Mitte. Der erste Teil der Projektentwicklung entstand im Rahmen des Tanzstipendiums des Regierenden Bürgermeisters von Berlin – Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten.
http://www.mirjamsoegner.com
Weitere Infos siehe auch: http://www.sophiensaele.com
http://www.andre-sokolowski.de
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