Tagelöhner-
weihnacht
|
Von Affen und Engeln von Christoph Nußbaumeder | Foto © Joachim Dette
|
Bewertung:
Vor zwei Jahren sahen wir schon mal ein Stück von Christoph Nußbaumeder - es hieß Meine gottverlassene Aufdringlichkeit, und Anna Eger (!) spielte da eine am depressiven Sumpfgrund lagernde und in so Lebenssinnfragen vergeblich vor sich hin dümpelnde Kunsthistorikerin - derart gut und derart überzeugend, dass wir uns spontan für sie (und dieses kurzweilige Stück) zu der Vergabe unsrer Höchstnote K 5, was bei uns quasi "nicht zu toppen" ist, entschlossen!
Jetzt ist sie erneut dabei, und zwar beim neuerlichen Nußbaumeder-Stück Von Affen und Engeln, das Bernarda Horres inszenierte und - nach der bereits erfolgten Uraufführung bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen - nunmehr auch in den Sophiensaelen von Berlin Station gemacht hat...
"Die Menschen, die diesen kleinen schäbigen Illusionsapparat bewegen, leben äußerst prekär. Einer muss im Kostüm vom Hauptmann von Köpenick mit schlecht auswendig gelerntem Text den Wunsch der Kleinen Leute von einst nach einem Leben in Würde in Altberliner Gemütskitsch verwandeln. Sein Sohn verkauft Drogen unter dem Würstchenstand, eine ehedem erfolgreiche Schauspielerin billigen Schmucknippes, und der Engel, der den Glühwein unter die Menschen bringt, ist ein abgestürztes Bürgerkind, 'das mit schlecht sitzenden Flügeln noch immer nach der Liebe sucht'. Sie alle und der junge Maschu, verkanntes Genie und Visionär, leiden unter dem Regime der Marktleiterin. Alle murren, aber keiner wagt die Revolte. Dann kommt die Krise. Ein Stromausfall schaltet die ganze Illusionsmaschine einfach ab. Der Markt versinkt im Dunkel, und die Stände werden geplündert. Als nichts mehr geht, wird Maschu mit seiner Vision 'eines völlig neuartigen, von Freier Energie ... betriebenen Weihnachtsmarktes' zum Hoffnungsträger."
(Quelle: ruhrfestspiele.de)
Um die als Kapitalisten- und Ausbeuterschwein vernegativte Weihnachtsmarktbetreiberin (bieder herausgestellt von Angelika Sautter) versammelt sich im Stück der schauspielernde Tagelöhner-"Rest": mehr oder weniger gescheiterte Existenzen, denen es - lt. rollentextlicher Ab-/Aufarbeitung ihrer jeweiligen Kurzviten - zumeist dann früher einmal besser ging.
Sie sind also aus wirtschaftlichen Gründen hier (am Ort der Handlung) etwas über eine Stunde lang zugegen:
Cleo (Gabriele Gysi) fühlt sich immer noch als Schauspielerin, die jedoch inzwischen keine Rollen mehr bekommt... Volkmar (Martin Engler) stammt wahrscheinlich aus der DDR und hatte da einen Getränkehändel und war scheinbar auch noch in der NVA - nachdem er seine Frau verlor, zog er den zweijährigen Sohn von da ab groß; doch Mario (Max Thommes) will sich nicht länger "Junge" von ihm nennen lassen... Kornak (Thorsten Heidel) kann mit Frauen nicht so richtig, weil er denkt, dass keine von den Frauen ihn je mag bzw. mögen würde - einst rettete er den Selbstmordkandidaten Maschu (Florian Feigl), der wahrscheinlich ein verkannter Wissenschaftler ist und daher etwas "problematisch" auf die andern Anwesenden ausstrahlt; halt Genie & Wahnsinn oder so.
Dann gibt es diese (auch poetisch gemeinte) Zentralszene mit jener Freien Energie, womit sich Maschu schon ein Leben lang beschäftigte - - wir konnten allerdings nicht richtig nachvollziehen, wohin ganz konkret die (auch poetisch gemeinte) Reise diesbezüglich gehen sollte; sorry.
Weihnachts(un)stimmungen; auch der Engel Stella (Anna Eger) konnte dieses merkwürdige Grundfeeling nicht kippen.
|
Von Affen und Engeln von Christoph Nußbaumeder | Foto © Joachim Dette
|
Andre Sokolowski - 19. Dezember 2015 ID 9047
VON AFFEN UND ENGELN (Sophiensaele Berlin, 18.12.2015)
Regie: Bernarda Horres
Bühne: Anja Jungheinrich
Kostüme: Jessica Karge
Dramaturgie: Franz Huber
Lichtdesign: Walter Freitag
Video: Marcel Neudeck
Mit: Anna Eger, Martin Engler, Florian Feigl, Gabriele Gysi, Thorsten Heidel, Angelika Sautter und Max Thommes
Uraufführung bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen war am 13. Mai 2015
Berlin-Premiere in den Sophiensaelen: 11. 12. 2015
Weitere Termine: 19. + 20. 12. 2015
Eine Produktion von Affen und Engel UG, in Koproduktion mit den Ruhrfestspielen Recklinghausen und SOPHIENSÆLE
Weitere Infos siehe auch: http://www.sophiensaele.com
http://www.andre-sokolowski.de
Rosinenpicken
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!
Vielen Dank.
|
|
|
Anzeigen:
Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN
Rothschilds Kolumnen
BALLETT | PERFORMANCE | TANZTHEATER
CASTORFOPERN
DEBATTEN & PERSONEN
FREIE SZENE
INTERVIEWS
PREMIEREN- KRITIKEN
ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski
RUHRTRIENNALE
TANZ IM AUGUST
URAUFFÜHRUNGEN
= nicht zu toppen
= schon gut
= geht so
= na ja
= katastrophal
|