Morgen
Klagenfurt
STATUSMELDUNGEN von Stefanie Sargnagel
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Statusmeldungen am Theater praesent in Innsbruck | Foto (C) Daniel Jarosch
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Bewertung:
Man mag sich fragen, was das für eine Welt ist, in der wir leben, wenn alle Medien jeglichen Seriositätsgrads von Flensburg bis Klagenfurt an oberster Stelle die Ankündigung eines Comebacks von ABBA als wichtigstes Ereignis des Tages melden und kommentieren.
In dieser Gegenwart der in Verlust geratenen Maßstäbe, in der jeder Furz behandelt wird, als handle es sich um himmlische Düfte, könnte man den Verdacht hegen, dass auch Stefanie Sargnagel sich nur als ABBA der Dichtung erweist. Sie ist Champion unter den zeitgenössischen Exponentinnen der Selbstinszenierung. Wer nicht spießig erscheinen will, schließt sich „ung'schauter“ dem Chor an, der ihr zujubelt. Wer in der Literatur das Werk für bedeutender hält als den Autor und zudem alt genug ist, um geistreichere und weniger modische Selbstdarsteller*innen von H.C. Artmann bis Valie Export in Erinnerung zu haben, fühlt sich durch das Geltungsbedürfnis der umtriebigen Dame eher gelegentlich genervt.
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Zu Sargnagels bevorzugten Plattformen gehört Facebook, jenes „soziale Medium“, in dem man sich plustern und die Liebe fremder Menschen einsammeln kann. Ihre unter dem Titel Statusmeldungen gesammelten Facebook-Einträge wurden bereits an der Berliner Volksbühne für eine Kontrafaktur der Iphigenie in Aulis ausgebeutet. Stefanie Sargnagel allerwegen. Die Kritikerbranche attestiert ihr Sprachgewalt und spart nicht mit Vergleichen zu (österreichischen) Größen der Literatur. Eine im Programmzettel zitierte Quelle hält sie gar für “die wichtigste österreichische Autorin des 21. Jahrhunderts“. Na ja. Das ist die Werbesprache des ABBA-Zeitalters.
Im Theater praesent, das sich, wie der Name suggeriert, ausgerechnet in der Innsbrucker Straße, die den Name des völkischen „Turnvaters“ Jahn trägt, dem Gegenwartstheater (Händl Klaus, Sibylle Berg, Falk Richter etc.) widmet, wurde nun eine Bühnenversion der Statusmeldungen uraufgeführt. Eine Handlung gibt es in diesem „Stück“ nicht, auch keine Rollen und kaum Dialoge. In seinen formalen Mitteln – dem frontalen Spiel, gelegentlichem chorischen Sprechen – erinnert es an das politische Kabarett von Hannelore Kaubs Bügelbrett oder der Missfits, aber auch an das Literarische Cabaret der Wiener Gruppe, zuletzt mit der Kinderoper im Nugerl, dem Keller des Chattanooga am Wiener Graben.
Der Text ist eine Montage aus Aphorismen, Sentenzen, rhetorischen Fragen, tagebuchartigen Notizen, garniert mit Sampling. Sargnagel bedient sich der Obszönität, der Aggression und bekannter Namen aus der Realität. Zu ihren Themen zählen Flüchtlinge, Feminismus, die Neue Rechte, die Buchmesse, Lesereisen, der Bachmann-Preis und immer wieder sie selbst. Zwischendurch singt das sich offenbar mit der Autorin identifizierende agile Trio Elke Hartmann, Michaela Senn und Florian Mania in der Regie von Susanne Schmelcher und auf der Sperrmüll-Bühne von Katharina Ganner, die die Schauspieler in dem engen Kellertheater mit seinen 50 Plätzen nur durch den Zuschauerraum betreten und verlassen können, Hoch auf dem gelben Wagen. Das liefert schöne Fragmente, aber dann wirkt die bloße Aneinanderreihung von Pointen auch bisweilen ermüdend.
Am Ende wieder: jene unvermeidlichen Freunde des Hauses, deren Selbstdarstellungsbedürfnis das von Stefanie Sargnagel übertrifft und die applaudierwillige Premierenbesucher mit schrillen Pfiffen in die Flucht schlagen. Vielleicht äußert sich die Autorin ja demnächst auf Facebook dazu. Satirisch, versteht sich.
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Statusmeldungen von Stefanie Sargnagel am Theater praesent, Innsbruck Foto (C) Daniel Jarosch
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Thomas Rothschild - 4. September 2021 ID 13119
STATUSMELDUNGEN (Theater praesent, 03.09.2021)
von Stefanie Sargnagel
Regie: Susanne Schmelcher
Ausstattung: Katharina Ganner
Technik: Marco Trenkwalder
Presse & Produktionsleitung: Julia Jenewein
Mit: Elke Hartmann, Florian Mania und Michaela Senn
Uraufführung war am 3. September 2021.
Weitere Termine: 04., 14., 16., 17., 23.-26., 30.09. / 01., 02.10.2021
Weitere Infos siehe auch: http://www.theater-praesent.at/
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