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nachDRUCK # 6

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Premierenkritik

Lotte wird

von Werther

gestalkt



Bildquelle: theater-strahl.de (Foto: Jörg Metzner)

Bewertung:    



Goethes Werther ist noch immer bundesweiter Schulstoff, also müssen ihn die Schülerinnen und Schüler aus den (gymnasialen) Oberstufen brav vom Anfang bis zum Ende lesen; wie das mittels Vor- und Nachbetrachtungen so zwischen Lehrkraft und Belehrten abläuft, weiß ich freilich nicht, aus diesem Alter bin ich lange raus. Ich weiß jedoch aus eigener Erfahrung zu berichten, dass der Werther dann an mir, der ich die DDR-Schule (wo Werther eigentlich zur Schulliteratur mitzählte) bis zum Volkshochschulenabitur durchschritt, spurlos vorüber ging, also ICH musste ihn NICHT lesen; Gott sei dank nicht, denn:

Nach zwei, drei Blicken wurde/ wird mir klar, dass mich der Briefroman zur Weißglut bringen würde: zu viel Fließtext, viel zu viele Buchstaben. O Gott, wie halten das die Kids von heute aus, wenn man sie hiermit malträtiert?

Der Grundplot der Geschichte hat es freilich in sich, und deswegen sollten sich die Teenies, falls man ihnen Goethes Werther richtig schmackhaft machte, letztlich doch für ihn interessieren:

Junger Mann liebt junges Mädchen, doch das junge Mädchen liebt den jungen Mann nicht ebenso zurück, also nicht ebenso in Liebe aufgelöst wie jener jene, und daher verübt er Selbstmord.

Etwas Zeitloses und etwas, was Heranwachsenden heutzutage auch passieren könnte und weswegen sie sich (hoffentlich!) nicht umbrächten aufgrund einer so derart unbehandelbaren also unheilbaren Liebeskrankheit.

*

Das Berliner (Kinder-und Jugend-) Theater Strahl hatte sich gestern Abend seinen eignen Vers darauf gemacht und nannte "es" FOREVER YOURS oder Die Leiden des jungen Werther:


"Werther bleibt nächtelang wach, um keine Nachricht von Lotte zu verpassen. Werther schaut lieber auf sein Telefon als auf die Matheklausur. Werther kleckert beim Essen, weil er den Blick nicht von Lotte wenden kann. Von Lottes Bildern, Lottes Story, Lottes Körper, Lottes Nachrichten, Lottes Freunden, Lottes Standort, Lotte, Lotte, Lotte. Lotte überall. Wie soll Werther da wegschauen? – Lotte, ich bin dein! [...] Das Stück kombiniert Goethes Vorlage mit einer Gegenwart des digitalen Dauerkontakts. Denn verliebte Sehnsucht bleibt gleich, aber was passiert, wenn sie von sozialen Medien potenziert wird…?"


Kann man [s.o.] machen, ist okay so.

Hannah Schopf verfasste den Text, und Inda Buschmann führte Regie; die beiden ließen sich von der Beratungsstelle STOP-STALKING auf das Sachdienlichste "inspirieren", und sie glichen den für sie sonach gewonnenen Informations- und Mehrwert theatralisch aus.

Die tragische Werther-Geschichte wird zur untragischen Lotte-Geschichte, jedenfalls lässt uns das - wenn auch erst so kurz vor Ende dieser schönen Aufführung - Olivia Stutz flugs wissen, ehe sie zum Schlussapplaus einlädt.

Natürlich müht sich Amos Detscher (= Lotte´s Stalker) leidenschaftlicher denn je, diese ihm auferlegte Nebenrollen-Rolle kräftigst abzuschütteln; sowieso muss er das meiste sagen und ist handlungsmäßig viel, viel mehr als sie (= Werther´s Gestalkte) manifest.

Natascha Manthe, Justus Verdenhalven mimen meistenteils die beiden SchulfreundInnen (Albert, Wilhelmine).

Und Maroulita de Kol saß abwechselnd am Synthesizer, an der Harfe und am Schlagzeug, um von dort aus Eigenkomponiertes beizusteuern; die vier anderen konnten dann aber auch gut singen sowie Instrumente spielen.

* *

Ja, hat Spaß gemacht, der jungen Truppe zuzusehen.





Amos Detscher als Werther in FOREVER YOURS am Theater Strahl | Foto (C) Jörg Metzner

Andre Sokolowski - 23. September 2020
ID 12484
FOREVER YOURS (Die Weiße Rose, 22.09.2020)
Regie: Inda Buschmann
Text und Dramaturgie Hannah Schopf
Musik: Sebastian Flaig
Bühne: Michael Ottopal
Lichtdesign: Maximilian Fandrich
Kostüm: Stephanie Dorn
Mit: Maroulita de Kol (Live Musikerin), Amos Detscher, Natascha Manthe, Olivia Stutz und Justus Verdenhalven
Premiere am Theater Strahl: 22. September 2020
Weitere Termine: 24., 25.09. / 03.-05., 24.-26.11. / 08.-11.12.2020


Weitere Infos siehe auch: https://www.theater-strahl.de/


http://www.andre-sokolowski.de

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