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Ich bin ein Gewinner

THE PARTY (nach dem gleichnamigen Film von Sally Potter) am Burgtheater Wien

Bewertung:    



Es war Henrik Ibsens Lebensthema: die Verlogenheit der Bourgeoisie. Im Film wurde seit Buñuel und Chabrol immer wieder gezeigt, was sich hinter der Fassade von Wohlanständigkeit und Ehrenhaftigkeit verbirgt. Eine der jüngsten Varianten des Genres lieferte Sally Potter (Orlando) mit ihrem Schwarz-Weiß-Film The Party. An der Wiener Burg hat Anne Lenk eine Bühnenversion mit Stars des Ensembles inszeniert. Dass das Theater nach der Vorlage gegriffen hat, ist kein Wunder. Sie verlangt keinen großen Aufwand und bietet sieben attraktive Rollen an. Dass es sich nicht um einen Geniestreich handelt, lässt sich darob schnell vergessen.

Potters Film lebt von der ständig bewegten Kamera und den Großaufnahmen. Anne Lenk versucht, die Schnitte durch acht Räume auf drei Ebenen zu imitieren, die in rascher Folge ausgeleuchtet und verdunkelt werden. Das Bad kommt zwei Mal, links oben und rechts unten, vor, und der Eingang zur Wohnung wird einmal frontal von außen und einmal seitlich am Ende des langen Flurs gezeigt. Diese Anordnung ermöglicht eine Polyperspektivität, die aber eher manieristisch als funktional wirkt. Mangels Detailaufnahmen werden unverzichtbare SMS-Nachrichten auf die Wand projiziert – kein taufrischer Einfall. Die Übersetzung von Frank Heibert hält sich eng an das Drehbuch mit seinen zum Teil hübschen Pointen, gelegentlich zu eng. „Ich bin nicht derjenige, der krank ist“: so redet man nicht in deutscher Sprache. Und auch „Ich bin ein Gewinner“ ist ein Satz untrüglich englischen Ursprungs.

Sally Potters in nur zwei Wochen gedrehter Film wurde vom Großteil der Kritik unterschätzt. Mit dieser Transformation hat man ihm einen Bärendienst erwiesen.

*

Ein Nachsatz: Der neue Hausherr möge einmal eine ganze Vorstellung vom Platz 5 in der 10. Reihe Parkett rechts aus ansehen. Er wird die Erfahrung machen, dass das Vergnügen eines Theaterbesuchs deutlich gesteigert wird, wenn man nicht auf einem abschüssigen Sitz ausharr muss. Vielleicht kann man im nächsten Jahresetat einen Betrag für die Überholung der in die Jahre gekommenen Bestuhlung vorsehen.

Thomas Rothschild - 17. Oktober 2019
ID 11751
THE PARTY (Burgtheater Wien, 16.10.2019)
Deutschsprachige Erstaufführung

Regie: Anne Lenk
Bühne: Bettina Meyer
Kostüme: Sibylle Wallum
Musik: Camill Jammall
Licht: Norbert Joachim und Michael Hofer
Dramaturgie: Sabrina Zwach
Besetzung:
Janet ... Dörte Lyssewski
Bill ... Peter Simonischek
April ... Regina Fritsch
Gottfried ... Markus Hering
Martha ... Barbara Petritsch
Jinny ... Katharina Lorenz
Tom ... Christoph Luser
Premiere war am 21. September 2019.
Weitere Termine: 09, 12., 21.11.2019


Weitere Infos siehe auch: https://www.burgtheater.at


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