Big in Japan
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Das Imperium des Schönen von Nis-Momme Stockmann am Schauspiel Stuttgart | Foto (C) Björn Klein
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Bewertung:
Ursprünglich war das Stück unter dem Titel hey [hɛɪ̯] angekündigt, und eigentlich sollte die Premiere schon vor zwei Wochen stattfinden. Dem Vernehmen nach kam es zwischen dem Autor Nis-Momme Stockmann und der vorgesehenen jungen Regisseurin, die, dem Zeitgeist folgend, lieber ihrer eigenen Profilierung dienen wollte als dem Stück, das mittlerweile Das Imperium des Schönen hieß, zu nicht überwindbaren Auseinandersetzungen. Nun lässt sich noch verstehen, wenn ein bekanntes Stück, zumal von einem toten Autor, der sich nicht wehren kann, der Willkür einer Regisseurin oder eines Regisseurs ausgeliefert bleibt. Aber ein lebender Autor muss, wie ein Komponist, das Recht haben, seine Arbeit wenigstens bei der Uraufführung in seinem Sinne umgesetzt zu sehen. Nicht jeder ist eine Elfriede Jelinek, die den Regisseuren jede Freiheit lässt, schon deshalb, weil ihre Texte so, wie sie geschrieben sind, nicht aufführbar wären. Und so holte sich das Stuttgarter Schauspiel eine neue Regisseurin und verschob die Premiere. Viel Zeit blieb Tina Lanik nicht, aber sie hat ihre Aufgabe gut und hoffentlich zur Zufriedenheit von Stockmann erfüllt.
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Der Enddreißiger Falk (Marco Massafra), der Vorlesungen über Schopenhauer hält, lädt seinen etwas willensschwachen Bruder Matze (Martin Bruchmann), dessen aktuelle Freundin, die Bäckereifachverkäuferin Maja (Nina Siewert), und seine eigene Frau Adriana (Katharina Hauter) für einen Kurzurlaub nach Japan ein. Dort kommt es, insbesondere zwischen ihm und der potentiellen Schwägerin, zu Konflikten, die sich aus den unterschiedlichen Lebensauffassungen ergeben. Diese hat Nis-Momme Stockmann in geschliffene, alltagsnahe Dialoge gegossen, die aber – auf seinen oder auf Tina Laniks Wunsch? – schnell, fast mechanisch gesprochen werden. Teils erstarren die Darsteller zu Denkmälern ihrer selbst, teils winden sie sich in Verrenkungen, die Sprechen und Gestik von einander entfernen.
Nach etwas mehr als der Hälfte deklamiert Falk ein ästhetisches Manifest, das Japan gegen Europa ausspielt, kontrastierende Denkmuster erläutert. Für Irritationen sorgen vor allem Ignaz (Daniel Fleischmann) und Ismael (Marielle Layher), die, an die Gehilfen in Kafkas Schloss oder an Bobtschinski und Dobtschinski in Gogols Revisor erinnernd, mit dichtem Zopf, altertümlichen Matrosenmützen, Anzügen mit kurzen Hosen und Kniestrümpfen symmetrisch umherwuseln und Geräusche von sich geben oder szenisch nicht umgesetzte Regieanweisungen vortragen.
Programmatische musikalische Unterbrechungen strukturieren die Szenenfolge. Mit Schubert wird der gern zitierte Vers „Fremd bin ich eingezogen“ abgerufen, und Big in Japan von Alphaville wird a cappella mehr angedeutet als gesungen.
Die Stücke von Nis-Momme Stockmann sind ein starkes Argument gegen die denk- und recherchierfaule Behauptung, heute würden keine Dramen mehr geschrieben, die eine Aufführung lohnten. (Die Einladungen zum heurigen THEATERTREFFEN scheinen diese Auffassung belegen zu wollen.) Das Imperium des Schönen verführt zunächst dazu, nach dem Gegensatz von Gut und Böse, von Richtig und Falsch zu fahnden. Bei genauerer Betrachtung überlässt es das Stück dem Zuschauer, sich für und gegen Standpunkte zu entscheiden, die der Dialog formuliert. Darin liegt seine Stärke.
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Das Imperium des Schönen von Nis-Momme Stockmann am Schauspiel Stuttgart | Foto (C) Björn Klein
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Thomas Rothschild – 1. Februar 2019 ID 11187
DAS IMPERIUM DES SCHÖNEN (Kammertheater, 31.01.2019)
Inszenierung und Raum: Tina Lanik
Kostüme: Natalie Soroko
Licht: Stefan Schmidt
Dramaturgie: Carolin Losch
Mit: Katharina Hauter, Marco Massafra, Nina Siewert, Martin Bruchmann, Daniel Fleischmann und Mariella Layher
Uraufführung am Schauspiel Stuttgart: 31. Januar 2019
Weitere Termine: 02.02. / 03., 04.03.2019
Weitere Infos siehe auch: https://www.schauspiel-stuttgart.de
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