Ende der
Freundschaft
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Die Wahrheiten von Lutz Hübner & Sarah Nemitz, uraufgeführt am Schauspiel Stuttgart | Foto (C) Björn Klein
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Bewertung:
Sie sind die erfolgreichsten deutschen Dramatiker unserer Tage: Lutz Hübner & Sarah Nemitz. Ihre Stücke werden landauf landab gespielt, aber irgendwie werden sie von der Theaterkritik der seriösen Art nicht so recht ernst genommen. Es fehlen ihnen die Weihen der literarischen Kunstfertigkeit. Das mag ja durchaus ein Kriterium sein, das man für Bewertungen heranziehen kann. Das Irritierende ist nur, dass es in anderen Fällen außer Kraft gesetzt wird. Warum just bei Hübner & Nemitz?
Die Stücke von Lutz Hübner und Sarah Nemitz sind stets ganz nah an der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Ihre Ästhetik, das stimmt schon, macht sie eher zu Verwandten des Fernsehspiels als des Literaturtheaters. Auslöser der Handlung oder vielmehr der Dialoge im eben in Stuttgart uraufgeführten neuen Stück Die Wahrheiten ist eine SMS, in der Erik (Marco Massafra) und Jana (Katharina Hauter) ihren langjährigen Freunden Bruno (Michael Stiller) und Sonja (Marietta Meguid) ohne Begründung die Freundschaft kündigen. Beim Versuch, zu eruieren, was dahinter steckt, kommen nach und nach die Lügen und Geheimnisse in der scheinbar glücklichen Ehe von Sonja und Bruno an die Oberfläche. Genau in der Mitte des Stücks werden die beiden von Jana und Erik abgelöst, die wie jene zwischen Schiebewänden im Dialog offenbaren, was sie vor einander verheimlicht hatten. Dabei geht es auch um „Missbrauch“. Das passt in die Debatten des Tages, wird aber gerade so vertieft, dass der Unterhaltungscharakter des Stücks nicht allzu sehr in Frage gestellt wird. Das können Feministinnen und Gegner eines dogmatischen Feminismus gleichermaßen goutieren. In der letzten Viertelstunde – drei Wochen sind vergangen – sitzen dann alle vier auf der Bühne und sprechen sich aus, aber die Gespräche finden jeweils nur zwischen den beiden Männern oder zwischen den beiden Frauen statt.
Wer diese Art von wortlastigem Realismus mag, wird an den geschliffenen Dialogen seine Freude haben. Auf alle Fälle kann man den Darstellern Beifall zollen. Insbesondere Marietta Meguid und Michael Stiller, die schon vor der Intendanz Kosminski zum Ensemble des Staatstheaters gehört haben, hatten lange keine Gelegenheit, sich so ausführlich zu präsentieren. Sie entledigen sich ihrer Aufgabe ganz vorzüglich.
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Die Wahrheiten, das lässt sich prophezeien, werden ihren Weg durch die deutschen Theater machen wie die Stücke von Yasmina Reza. Vier dankbare Rollen, keine hohen Ansprüche ans Bühnenbild, eine allgemein verständliche Problematik: das ist auch für kleine Bühnen zu bewältigen. Vor nicht allzu langer Zeit machte Die Wahrheit des Franzosen Florian Zeller die Runde. Jetzt sind die Deutschen Lutz Hübner und Sarah Nemitz mit dem Plural an der Reihe.
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Die Wahrheiten von Lutz Hübner & Sarah Nemitz, uraufgeführt am Schauspiel Stuttgart | Foto (C) Björn Klein
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Thomas Rothschild – 26. Januar 2020 ID 11958
DIE WAHRHEITEN (Kammertheater, 25.01.2020)
Inszenierung: Sophia Bodamer
Bühne und Kostüme: Prisca Baumann
Musik: Tobias Preisig
Licht: Stefan Schmidt
Dramaturgie: Bastian Boß
Mit: Michael Stiller, Marietta Meguid, Marco Massafra und Katharina Hauter
Uraufführung am Schauspiel Stuttgart: 25. Januar 2020
Weitere Termine: 29.01. / 17., 18.02. / 28., 30.05.2020
Weitere Infos siehe auch: https://www.schauspiel-stuttgart.de
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