Oder: Du verdienst deinen Krieg (Eight Soldiers Moonsick)
von Sivan Ben Yishai
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(C) Esra Rotthoff
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Bewertung:
Gut zwei Jahre hat es gedauert von der Uraufführung des ersten Teils bis zum finalen vierten von Sivan Ben Yishais Tetralogie Let the blood come out to show them. Begonnen mit Your Very Own Double Crisis Club
bei den AUTORENTHEATERTAGEN 2017 im Deutschen Theater, fortgesetzt mit Die Geschichte vom Leben und Sterben des neuen Juppi Ja Jey Juden (November 2017) und Papa liebt dich
(Februar 2018) im Maxim Gorki Theater ist Oder: Du verdienst deinen Krieg (Eight Soldiers Moonsick) der wohl intensivste Text mit feministischem Inhalt der 1978 in Tel Aviv geboren Autorin und Theaterregisseurin. Die Uraufführung (wieder im Studio Я des Maxim Gorki Theater) wurde nun von der ebenfalls regieführenden Dramatikerin Sasha Marianna Salzmann inszeniert.
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Vier Schauspielerinnen (Kenda Hmeidan, Abak Safaei-Rad, Elena Schmidt und Catherine Stoyan) des Gorki-Ensembles spielen hier acht junge Soldatinnen der israelischen Armee, die ihren 2jährigen Wehrdienst, der in Israel auch für Frauen zur Pflicht gehört, ableisten müssen. In Feldmontur mit langen Reifröcken, die mit Worten des Stücktextes bedruckt sind, stehen sie auf einer die Zuschauerseite doppelnden Tribüne mit leeren Stühlen, und aus den Boxen eines Ghettoblaster dröhnt etwas verfremdet „To die by your site“ aus dem Song There Is A Light That Never Goes Out von The Smiths. Erzählt werden Erlebnisse aus einem Armee-Zeltlager, in dem die acht Frauen gemeinsam in einem Zelt mit ihren Gewehren unter der Matratze schlafen. Der Text dreht sich wie ein gemeinschaftlicher Albtraum um Erniedrigungen durch männliche Soldaten und Vorgesetzte, die sie Liegestütze machen lassen oder (das Wort, das hier als immer neue Eröffnung einer nicht enden wollenden Aufzählung gebraucht wird) zu Nachtübungen aus dem Schlaf und Zelt holen.
„Keine einzige geht alleine duschen. Ein Körper, acht Organe, die zusammen duschen, die zusammen essen, die zusammen schlafen, immer zusammen.“ heißt es in dem recht düsteren aber auch poetischen Text. Regisseurin Salzmann lässt die vier sich dann auch zu einem Gemeinschaftskörper verknäulen, der hier auch als Tier bezeichnet wird. Eine vielstimmige Klage über Missbrauch und Enteignung des eigenen Körpers durch physische und psychische Tortouren, denen sich die jungen Frauen nicht entziehen können und im Traum immer wieder auf verschiedenste Weise ihren Tod imaginieren. Zum Teil sehr explizit wird da Sivan Ben Yishai, wenn es um die verschiedenste Todesarten durch Kopfschuss nach Vergewaltigung, vertuschten Unfall bei Schießübungen oder eine Hinrichtung durch Erhängen nach einem Tribunal wegen des Verlusts der stets mitzuführenden Waffe geht.
Dagegen setzt Salzmann in ihrer sonst recht sparsamen Inszenierung die Rhythmik selbst gesampelter Sounds und Sätze, die über Mikrophon verzerrt eingesprochen und geloopt werden. Überhaupt spielt Musik eine große Rolle in Stück und Inszenierung. Zum Beispiel auch wenn in Rückblenden der Vater von der Armeezeit als die besten Tage seines Lebens erzählt und im Autoradio Popsongs wie Another Day In Paradise von Phil Collins oder We Are Family von Sister Sledge laufen, die wieder über den Ghettoblaster abgespielt werden und diese Art von heiler Welt der Kindheit doch trügerisch erscheinen lässt. Letztendlich dient auch eine durch Suizid gestorbene Soldatin als Märtyrerin, wenn auch die Matratzen von Selbstmördern nicht weiter genutzt werden. Der israelische Selbstverteidigungsmythos als patriarchales System überinstrumentalisierter Wehrhaftigkeit steht hier kritisch auf dem Prüfstand.
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Stefan Bock - 13. November 2019 ID 11813
ODER: DU VERDIENST DEINEN KRIEG (EIGHT SLDIERS MOONSICK) | Studio R, 11.11.2019
Regie: Sasha Marianna Salzmann
Bühne + Kostüme: Cleo Niemeyer
Sounddesign: HYENAZ
Dramaturgie: Rebecca Ajnwojner
Licht: Fritz Stötzner
Ton: Milos Janjic
Mit: Kenda Hmeidan, Abak Safaei-Rad, Elena Schmidt und Catherine Stoyan
Premiere am Maxim Gorki Theater: 8. November 2019
Weitere Termine: 26., 27., 28.11. / 02., 03., 04.12.2019
Weitere Infos siehe auch: https://gorki.de
Post an Stefan Bock
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